Kirdorfer Mühle


Schon seit dem Jahr 1200 gab es in Kirdorf eine Mühle.

Ob die Kirdorfer Mühle so aussah wie auf dem Bild oben, ist nicht bekannt, da bis heute kein Bild oder eine Zeichnung gefunden wurde.


Die Kirdorfer Mühle ist eine von drei bekannten Mühlen die am Finkelbach lagen. Wer den Finkelbach heute sieht, kann kaum glauben, dass er einst so mächtig war und die Kraft hatte, drei Mühlen anzutreiben. Der Finkelbach entspringt westlich von Kirdorf in der Jülicher Börde. Da er fast nur aus Oberflächenwasser gespeist wird haben Rodungen und Kanalisierungen ihm seine ursprüngliche Kraft genommen.


Verlauf des Finkelbachs heute
Land NRW (2017) - Datenlizenz Deutschland - Namensnennung - Version 2.0 (www.govdata.de/dl-de/by-2-0)


Auf seinem Weg zur Erft lagen drei Mühlen, die Oberembter Mühle, dann die Richardshovener Mühle und schließlich die Kirdorfer Mühle.

Der Finkelbach soll jedoch vier Mahl- und Ölmühlen angetrieben haben. So ein Nachweis um das Jahr 1200. Dies wird in einem Aufsatz "An den heiligen Wassern des Embegrundes" von Heimatforscher Dr. Habrich in der Veröffentlichung von „An Erft und Gillbach“ (Kirchhoff/Braschoss, Köhler, Kreiner, Noll) dargestellt. Der Name der Mühle ist jedoch bisher unbekannt geblieben. Die alte Bezeichnung für den Finkelbach ist "Embe", so taucht er in alten Dokumenten auf.

Links und rechts des Finkelbaches sind zahlreiche archäologische Funde von der Jungsteinzeit bis zur Römer- und Frankenzeit bekannt. Der Finkelbach ist also ein uraltes Siedlungsgebiet und somit auch das Gebiet um Kirdorf


Lage der Mühlen am Finkelbach


Die Kirdorfer Mühle wird 1288 erstmals urkundlich erwähnt. Graf Adolf vom Berg gab die Mühle am 27. April 1228 dem Ritter Johannes (auch Princel genannt) als „Lehen“. Ob es sich hier um einen Ritter aus der Edelfamilie aus Kaster handelt ist nicht bekannt. Im Lacomblet-Buch (Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins) wird ein „Princel“ von Kaster erwähnt. Später wird auch eine Verbindung zwischen „Princel“ oder „Princello de Castre“ und dem Adelsgeschlecht Lacomblet mit Kaster hergestellt.
Kremer, Akademische Beiträge III Seite 186, Redinghovensche Sammlung XXVIII f. 409 und 1148.



Das Lehen ist begrifflich und sprachlich am ehesten mit der Leihe zu vergleichen.
Im Mittelalter bekam jemand etwas geliehen/übertragen und schuldete dafür dem Verleiher etwas, z.B. im Kriegsfall musste der Beliehene Kämpfer mit Ausrüstung stellen.



1339 gehörte die Kirdorfer Mühle dem Stift Essen. Einer der großen Grundbesitzer im Kützgau. Das Essener Stift besaß nach einer Schenkung des lothringischen Königs Zwentibold umfangreiche Güter in unserer Gegend, so auch in Kirdorf. In Kirdorf gab es einen Oberhof, der später aufgeteilt wurde. Allein in Paffendorf besaß das Essener Stift 60 Höfe.

Der Kützgau, eine fränkische Gaugrafschaft, entspricht einer Verwaltungseinheit. Das Gebiet des Kützgaues umfasst in etwa das Gebiet des ehemaligen Kreises Bergheim.



In den Rechnungen des Herzogtums Jülich findet sich 1398/1399 ein Eintrag über 15 Malter Korn aus der Kirdorfer Mühle.
In einem Weistum des Fronhofes zu Paffendorf aus dem 15. Jahrhundert wird die Kirdorfer Mühle als „moele ... zo Kyrdorp up dem dame (auf dem Damm)“ mit 4 weiteren Mühlen erwähnt.

Das Weistum ist im Mittelalter eine Aufzeichnung von Rechtsgewohnheiten und –belehrungen.



Dokument von 1660


1642 - im Dreißigjährigen Krieg - besetzten hessische Truppen unser Gebiet. Einige Ortschaften, darunter auch Kirdorf, wurden niedergebrannt. Auch die Kirdorfer Mühle fiel den Flammen zum Opfer. Erst 1658 wurde sie wieder aufgebaut. Eine Urkunde aus dem Jahre 1660 hält dies fest.

Aber schon 1740 ist aktenkundig, dass der Finkelbach so wenig Wasser führte, dass die Kirdorfer Mühle kaum noch mahlen konnte. In einem Berufungsverfahren des Stiftes Essen um 1740 gegen die von Johann Gottfried Kleefisch 1735 erteilte Baugenehmigung für die Niederembter Mühle berief sich das Stift Essen auf eine Benachteiligung seiner bei Glesch und Paffendorf gelegenen Mühlen. Als Grund für den Neubau der Windmühle gab Kleefisch den Wassermangel der Kirdorfer Mühle an.

Die Kirdorfer Mühle ging nach 1806 an G. Deplat (Gottfried Deplat), dessen französischer Name darauf schließen lässt, dass er in der napoleonischen Zeit am Niederrhein „hängen geblieben“ war. Zwei Jahre später, 1830, erschien eine Anzeige zur Verpachtung der Mühle. Die „in der Bürgermeisterei Paffendorf gelegene "Kierdorfer" Wassermühle, worin zwei Gänge und ein Gerstenschälwerk, nebst einem Grasplatze, bis jetzt von den Erben Kintgen benutzt werden, soll verpachtet werden“.

1834 erschien eine weitere Anzeige. Die „Wassermühle zu Kierdorf mit Gartenplätzen und Wiesen soll neu verpachtet werden. Die Fischerei in den Teichen kann in die Verpachtung eingeschlossen werden. Bescheid ist bei den Besitzern in Köln Hochstr. 113 zu erhalten“.

1837 war die Kirdorfer Mühle noch im Besitz von Gottfried Deplat und der Pächter hieß Johann Mathias Birmes. Gottfried Deplat war seit 1833 auch Pächter der Paffendorfer Mühle, er starb 1876, sein Erbe trat sein Sohn Jakob Deplat an.

Eine weitere Erwähnung erfolgte 1851. 1914 wurde die Kirdorfer Mühle in eine topographische Karte eingetragen. Die beiden anderen Mühlen sind auf dieser Karte nicht mehr eingezeichnet. Um 1950 wurde der Mühlenbetrieb eingestellt und das baufällige Gebäude abgerissen.

Wassermühlen sind seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. aus Mesopotamien, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, überliefert. Die ersten Mühlen in Deutschland sind seit dem 6. Jahrhundert durch ein Gesetz der Merowinger bekannt. Im frühen Mittelalter hatten nur die Grundherren die finanziellen und technischen Möglichkeiten, Mühlen bauen zu lassen. Diese wurden von angestellten Müllern meist auf Lebenszeit betrieben.

Oft gab es einen „Mühlenzwang“. Die Bauern des Grundherrn waren verpflichtet, ihr Korn in der Mühle des Grundherrn mahlen zu lassen. Aber auch freie Bauern mussten dort mahlen lassen. Bei Zuwiderhandlung drohten schwere Strafen, die galt bis ins 18. Jh. Unter der französischen Besatzung wurde der Mühlenbann aufgehoben. Die Mühlengerechtigkeit war im Mittelalter ein großes Thema und führte zu vielen Konflikten. Auch die Glaubwürdigkeit der Müller war ein Thema. Der Müllerberuf gehörte nicht zu den ehrbaren Berufen.

Stand: 2017




Literatur

Lacomblet, Jos.

Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, 1846

Sommer, Susanne

Mühlen am Niederrhein. Die Wind- und Wassermühlen des linken Niederrheins im Zeitalter der Industrialisierung (1814-1914).
(= Werken und Wohnen. Volkskundliche Untersuchungen im Rheinland, Bd. 19).
Köln / Bonn 1991

Vogt, Hans

Niederrheinischer Wassermühlenführer.
(Hrsg.: Verein Niederrhein e.V.)
Kleve, 2. Aufl. 1999

Online

Mühlenrecherche

Rheinisches Mühlen-Dokumentationszentrum e.V. RMDZ
http://www.rmdz.de/