Urgeschichte im Rheinland

Vom Rheinland auf der Südhalbkugel zu den ersten benannten Völkern



Übersicht


Urgeschichte in Kurzform.


Man fragt sich, welche Geschichte unsere Region, das Rheinland, zu erzählen hat.

Da die Geschichte schon mit der Entstehung der Erde - vor 4,6 Milliarden Jahren - beginnt, die Zeiträume aber riesig sind, lassen wir diese Geschichte im Erdaltertum (Paläozoikum) beginnen.

Etwa 540 bis 250 Millionen Jahre vor unserer Zeit lag unsere Region auf der Südhalbkugel der Erde. Vor 417 bis 392 Millionen Jahren driftete das Rheinland in Richtung Äquator. In einem feucht-warmen Klima (vor 317-305 Millionen Jahren) mit üppiger Vegetation bildeten sich die heutigen Steinkohlenflöze (z.B. Aachener Steinkohlenrevier).

(Quelle Erdkarte: © C.R.Scotese, www.scotese.com)


Im Oberperm (272-258 Millionen Jahre) kam es zu einer Absenkung, in deren Folge weite Teile Deutschlands vom Skandik-Meer überflutet wurden. Am Ende des Perms kam es zu einer Katastrophe. Etwa 75-90% der Meerestiere starben, die Ursachen sind unbekannt.

Nun ein großer Zeitsprung ins Känozoikum. In der Erdneuzeit - vor ca. 55 Millionen Jahren - lag das Rheinland bereits auf der Höhe des heutigen Mittelmeeres, um sich dann in Richtung unserer heutigen Lage zu positionieren. Die Dinosaurier starben aus, Säugetiere traten an ihre Stelle.

Im Miozän, vor etwa 23 Millionen Jahren, bildete sich die Braunkohle, die bei uns weit verbreitet ist. Mit einer deutlichen Abkühlung vor 14 Millionen Jahren begann das Eiszeitalter.

Hier wurde der Verlauf des Rheins und damit die Gestalt des Rheinlandes geprägt. Das skandinavische Eis reicht bis an Rhein und Ruhr. Großflächige Lößablagerungen bilden die Grundlage für unsere heutigen fruchtbaren Böden.
Unsere Bucht bekam ein nordöstliches Gefälle, so dass die Maas von Jülich an Bedburg vorbei nach Grevenbroich floss, der Rhein wurde nach Osten abgedrängt. Später änderte sich das Gefälle nach Nordwesten und der Rhein floss durch unser Gebiet, quasi als Vorläufer der Erft. Nach einem weiteren Gefällewechsel bildete sich das Flussbett der heutigen Erft.

Die ersten Menschen tauchten vor 6 bis 2,5 Millionen Jahren auf, je nachdem, wie die Experten den Begriff Mensch definieren. Verglichen mit dem Alter der Erde leben Menschen also erst seit kurzer Zeit auf diesem Planeten. Unklar ist, wann die ersten Menschen in unsere Region kamen.

Man spricht von 600.000 Jahren Menschheitsgeschichte in Europa. Für die Zeit vor 600.000 bis 300.000 Jahren gibt es jedoch nur wenige Orte in ganz Europa, an denen Menschen nachweisbar sind.



Die ersten Menschen in unserer Region.


In Andernach bei Neuwied fand man Hinweise auf die Anwesenheit des Menschen, des Homo heidelbergensis (vor 600.000 Jahren). Es wird vermutet, dass auch in unserer Region Menschen gelebt haben. Beweisen lässt sich das nicht, denn aussagekräftige Funde aus dieser Zeit gibt es bei uns nicht. In Mechernich (Eifel), unserer Nachbarregion, fand man Hinweise auf die Anwesenheit von Menschen vor 320.000 Jahren.

Vor 350.000 Jahren, im Mittelpaläolithikum (Mittlere Altsteinzeit), tauchten die Neandertaler auf, die bis vor 40.000 Jahren lebten. Sie wanderten durch Nordrhein-Westfalen, so dass man davon ausgehen kann, dass sie auch in unserem Erftgebiet gelebt haben.

40.000 v. Chr. betrat der Homo sapiens (der moderne Mensch) die europäische Bühne und hinterließ seine Spuren. In Jülich-Kirchberg wurde eine altsteinzeitliche Jagdstation entdeckt (ca. 50.000 Jahre alt). In Bergheim-Büsdorf wurden Steinwerkzeuge aus der Altsteinzeit (200.000 - 9.600 v. Chr.) gefunden, ebenso in Lommersum (Euskirchen) vor 37.000 - 32.000 Jahren.

Der Homo sapiens selbst lässt sich in Nordrhein-Westfalen vor etwa 31.000 Jahren nachweisen (Paderborn-Sande). Die meisten Europäer haben einen Genanteil von etwa 2 % des Neandertalers.

Steinzeit-Faustkeil



Hirschgeweih (Quelle: Bild Markus Wild / RGZM)
Vor 25.000 Jahren, auf dem Höhepunkt der letzten Kaltzeit, schmolzen die großen Gletscher, das nördliche Eisschild zog sich langsam zurück und die Besiedlung Mitteleuropas wurde für den Menschen wieder attraktiver.

Vor 14.500 Jahren wurde das Klima in Europa wärmer und feuchter. Es entstanden die Mischwälder, wie wir sie heute kennen.

An einem Altarm der Erft wurden in Bedburg-Königshoven zwei Hirschgeweihmasken gefunden (ca. 10.000 v. Chr.). In der Nähe war bereits ein mittelsteinzeitlicher Jagdplatz mit Knochen von Auerochse, Rothirsch, Reh, Wildschwein, Pferd usw. ausgegraben worden.

Vor etwa 7.500 Jahren ging das Zeitalter der Sammler und Jäger langsam zu Ende. Die Menschen wurden sesshaft, Ackerbau und Viehzucht kamen auf.



Die Menschen werden sesshaft.

Mesolithikum – Mittelsteinzeit 8.000 – 5.500 v.Chr.
Die ersten Bauern erscheinen, angelockt von den fruchtbaren Lössböden unserer Region. Durch Rodungen wird das Land urbar gemacht. Erste Siedlungen entstehen um 5.000 v. Chr. zwischen Köln und Aachen.

Die ersten Gräber der bandkeramischen Kultur in unserer Region sind aus dieser Zeit in Aldenhoven und Inden (bei Düren) nachweisbar. Da es keine schriftlichen Überlieferungen gibt und die Namen der Völker, die hier lebten, nicht bekannt sind, werden diese Epochen von den Archäologen anhand der Herstellungsweise ihrer Tongefäße identifiziert, z.B. Linearbandkeramik, Schnurkeramik, Trichterbecherkultur, Glockenbecherkultur.


Bandkeramische Siedlung mit Wall (Querschnitt)


Haus der Bandkeramiker


In Zieverich wurde eine große bandkeramische Siedlung entdeckt, ebenso in Morken, Thorr, Fliesteden und Paffendorf. In Paffendorf gab es 5 Langhäuser von durchschnittlich 7,00 m Breite und bis zu 45,00 m Länge. In Glesch wurde ein Erdwerk mit einem 4,00 m tiefen und 4,50 m breiten Ringgraben entdeckt, der als Fluchtburg für Mensch und Tier vermutet wird.

Die ersten bandkeramischen Funde im Rheinland stammen aus der Zeit um 5.500 v. Chr. Man geht davon aus, dass sich diese Kultur in Ungarn entwickelt hat und über das Maingebiet zu uns gekommen ist. Vor allem auf der Aldenhovener Platte konnten umfangreiche Funde und Siedlungsstrukturen erforscht werden.

Jahrtausend v. Chr. hatten Siedler der bandkeramischen Kultur an einem Altarm der Erft in der Nähe der Burg Kaster Scherben von Tongefäßen hinterlassen. Diese Kultur kannte den Getreideanbau und domestizierte bereits Tiere. Auf trockenen Anhöhen errichteten sie ihre Langhäuser. Sie lebten mit Sammlern und Jägern zusammen.


Neolithikum – Jungsteinzeit 5.500 – 2.200 v.Chr
Im Mittelneolithikum (4.900-4.300 v. Chr.) kommt es im Rheinland zu einem Siedlungsrückgang und einem drastischen Stilwandel bei den Keramikgefäßen.

Im Jungneolithikum (4.300-3.500 v. Chr.) kam eine neue Keramikproduktion, die Michelsberger Keramik, ins Rheinland. Diese neue Keramik zeichnet sich durch weniger Verzierung und eine polierte Oberfläche aus. Die Siedlungsdichte im Rheinland nahm wieder zu. Typisch für die Michelsberger Kultur ist die Einfriedung der Siedlungsplätze mit Gräben und Wällen, teilweise mit Palisaden.

Offenbar wurden größere Menschengruppen in einer Siedlungseinheit untergebracht, die sich auch schützen mussten. Erfindungen wie Rad, Wagen und Axt bereicherten das Leben. Um 3.800 v. Chr. geht die Bevölkerung in der Rheinischen Bucht wieder zurück.

Die Michelsberger Tradition bricht ab und das Spätneolithikum (3.500-2.800 v. Chr.) beginnt im Rheinland. Die Fundstellen in unserer Region werden seltener. Es scheint, als sei unsere Region für etwa 1.000 Jahre von der kulturellen Entwicklung abgeschnitten.
Das Endneolithikum (2.800-2.150 v. Chr.) ist die Zeit der Ausbreitung der Becherkultur. Die Fundstellen verdichten sich wieder. Unter dem Begriff „Rheinische Becherkultur“ werden die Schnurkeramik und die Glockenbecherkultur zusammengefasst. Es kommt zu einer Veränderung der Bestattungssitten mit deutlichen Unterschieden zwischen männlichen und weiblichen Bestatteten.

In Kaster wurden im Altbett der Erft Pfahlreihen gefunden, die um 4.700 v. Chr. errichtet wurden. Dies wird als Brücken- oder Stegkonstruktion über die Erft gedeutet.

Siedlungen sind für diese Zeit in unserem Raum nicht nachgewiesen. Einzelne Funde aus dieser Zeit lassen aber vermuten, dass es sie in unserem Raum gegeben haben muss. Auffällig ist, dass Funde nur im nördlichen und südlichen Teil des ehemaligen Kreises Bergheim nachgewiesen sind, nicht aber in der Mitte des Kreises.

Beile und Klingen wurden bei Mansfeld in Richtung Heppendorf, in Heppendorf selbst an mehreren Stellen, am Sittarderhof, am Elisenhof und bei Steinheide in der Nähe von Manheim gefunden.



Bronzezeit 2.200 - 750 v.Chr.

Sonnenwagen von Trundholm. © Nationalmuseet, John Lee.
Um 2.000 v. Chr. werden die traditionellen Werkzeuge aus Stein und organischem Material kontinuierlich durch neue Materialien ersetzt. Diese Werkzeuge sind vor allem als Grabbeigaben bekannt.

Um 1.600 v. Chr. änderten sich die Bestattungsformen. Das Körpergrab (Hockerbestattung) wurde zugunsten der Flachbestattung aufgegeben. Auch die Ausrichtung, die bis dahin von Osten nach Westen erfolgte, änderte sich in eine Nord-Süd-Ausrichtung.

Aus der Urnenfelderzeit (1.000 - 800 v. Chr.) gibt es im Rheinland viele Funde, aus dem Kreisgebiet sind leider kaum Funde zu vermelden. Ein Absatzbeil wurde in Bedburg gefunden.



Eisenzeit 750 - 15 v.Chr.
Im Raum Bergheim wurde z.B. in Zieverich ein Urnengrab entdeckt. Aus der Hallstattzeit (800-475 v. Chr.) wurde im Bergheimer Wald von Bethlehem ein Grabhügel von bis zu 14,00 m Durchmesser gefunden.

Auf dem Grundstück Herrenstraße 54 in Sindorf wurde eine Urne aus der Hallstattzeit geborgen.

Südlich von Brühl wurden Grab- und Siedlungsreste aus dieser Zeit freigelegt. Aus der Zeit zwischen 700 und 500 v. Chr. stammen Siedlungsabfälle und Pfostenspuren.

In Bedburg wurde der Grundriss eines Pfostenhauses freigelegt.

Grundriss eines späteisenzeitlichen Hauses in Bedburg



Als die Völker Namen bekamen.



Die Griechen bezeichneten Völker, die nicht ihrer Kultur angehörten und ihre Sprache nicht beherrschten, als Barbaren. Sie kannten die Barbaren im Norden Europas schon lange, aber die Griechen Hekataios von Milet und Herodot von Halikarnassos erwähnten in ihren Schriften im 6. bzw. 5. vorchristlichen Jahrhundert zum ersten Mal die „keltoi“ (die Römer nannten sie später „galli“).

Es waren die Kelten. Sie gaben den Bewohnern Nordeuropas zum ersten Mal einen nachweisbaren Namen.

Der römische Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacitus benannte 98 n. Chr. ein weiteres Volk, die Germanen.


Die Kelten.


Die Herkunft der Kelten liegt im Dunkeln. Der römische Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus (320-390 n. Chr.) bezeichnete sie als Ureinwohner des Landes.

DNA-Analysen prähistorischer menschlicher Überreste und zahlreiche archäologische Funde stützen diese Aussage. Es könnte also sein, dass die Kelten bereits vor mehreren tausend Jahren in unserem Gebiet siedelten.

Spätestens seit der Hallstattkultur (800-475 v. Chr.) sind sie in unserer Region nachweisbar.

(Quelle © File:Celts in Europe.png QuartierLatin1968, The Ogre, Dbachmann)

Die Kelten sind wie die Germanen kein Volk, das ein zusammenhängendes Reich oder einen Staat mit einer einheitlichen Führung bildet. Sie sind Hilfsbegriffe der Römer und der heutigen Wissenschaft, um die Hunderte von Stämmen und Verbänden vereinfacht darstellen zu können.

Die Begriffe definieren eine Gemeinschaft mit gleicher oder ähnlicher Kultur, Kunst und Sprache.

Die Kelten gelten als das älteste namentlich bekannte Volk nördlich der Alpen. In einer Völkerwanderung um 2.000 v. Chr. kamen die „Streitaxtleute“ (heute Schnurkeramische Kultur) aus den Steppen Osteuropas in unseren Raum. Diese Menschen, die nach linguistischen Einteilungen zu den Indogermanen (indoeuropäische Sprachfamilie) gehören, vermischten sich wahrscheinlich mit den Kelten. Die keltische Sprache gehört zur indogermanischen Sprachfamilie. Fest steht, dass die Streitaxtleute die ersten Indoeuropäer waren, die nach Europa kamen. Aus ihrer gemeinsamen Sprache entwickelten sich fast alle europäischen Sprachen.

Grob kann man sich vorstellen, dass links des Rheins die Kelten und rechts des Rheins die Germanen siedelten.

Aber es gab Ehen, Verwandtschaften und Beziehungen zu anderen Sippen und Völkern. Das war nichts Ungewöhnliches. Man vermischte sich, Gruppen wurden in andere Stämme eingegliedert und nicht selten änderte man auch den Stammesnamen. Daher lassen sich manche Stämme nicht in das eine oder andere Schema einordnen.

Römischer Grabstein mit der Darstellung einer keltischen Bäuerin am Eingang zur Krypta. Dom zu Gurk (Kärtnen). (Urheber: Wolfgang Sauber)



Die Germanen.



Faksimile der Folio 31 r. des
Codex Leidensis Perizonianus Tacitus Germania c. 1−2
Germanen waren die Völker, die nach Julius Cäsar rechts des Rheins lebten und er machte den Namen bekannt. Doch das, was Caesar unter einem Begriff zusammenfasste, gab es nicht. Die Germanen sind eine Vielzahl von Völkern und Stämmen, die sich zusammenschlossen und wieder trennten, miteinander oder gegeneinander kämpften. So gesehen muss man jeden Stamm historisch für sich betrachten.

Tacitus schrieb 98 v. Chr.
„Die Germanen selbst sind Ureinwohner und von Zuwanderung und gastlichen Aufnahmen fremder Völker kaum vermischt. Denn einst kam derjenige nicht über Land, sondern mit Schiffen, der eine neue Heimat suchte“.


Über die Vorgeschichte dieser Stämme ist wenig bekannt. Archäologische Funde stammen aus der Bronzezeit. Nachgewiesen ist eine jahrhundertelange Siedlungsgeschichte zwischen Weser und Oder, zwischen dem Nordrand der deutschen Mittelgebirge und Südskandinavien.

Ähnlich wie bei den Kelten wanderten sie ein und vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung. Aber auch links des Rheins gab es germanische Stämme. Sie kamen in Kontakt mit ihren Nachbarn, den Kelten, so dass man von keltisierten Germanen spricht.

Nach der Expansionswelle der Römer nach Norden und der Besetzung des linksrheinischen Gebietes waren Konflikte mit den Römern vorprogrammiert. Zum einen wohl, weil die Römer ihr Gebiet weiter nach Osten ausdehnen wollten, zum anderen, weil die einzelnen Stämme den Reichtum der Römer bemerkten und davon profitieren wollten.

Stand 2017




Literatur

Kunow, Jürgen und Hans-Helmut Wegner

Urgeschichte im Rheinland.
Jahrbuch 2005 des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz

Krause, Arnulf

Die Welt der Kelten

Krause, Arnulf

Die Geschichte der Germanen

Pohanka, Reinhard

Die Urgeschichte Europas